Ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht scheidet aus, wenn lebensmittelrechtliche Kennzeichnungsvorschriften eine bestimmte Bezeichnung vorschreiben
a) Das kennzeichnungsrechtliche Irreführungsverbot (§ 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 LFGB aF sowie § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. a LMIV) findet auf die Ursprungsangabe für ein Lebensmittel, die nach Art. 113a Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 vorgeschrieben ist, keine Anwendung. Es dürfen im Falle einer solchen Angabe keine aufklärenden Zusätze verlangt werden, um einer etwaigen Irreführung des Verbrauchers ent-gegenzuwirken.
b) Das nach Art. 113a Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 anzugebende Ursprungsland von in Deutschland geernteten Kulturchampignons ist das Ernteland, auch wenn wesentliche Produktionsschritte in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union er-folgt sind und die Kulturchampignons erst drei oder weniger Tage vor der ersten Ernte ins Erntegebiet verbracht worden sind.
c) Ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 UWG scheidet aus, wenn gesetzliche Kennzeichnungsvorschriften eine bestimmte Bezeichnung vorschreiben und das so gekennzeichnete Produkt den gesetzlichen Kriterien entspricht. In einem solchen Fall genießt das Kennzeichnungsrecht Normvorrang und ist eine unlautere Irre-führung auch dann nicht anzunehmen, wenn relevante Teile des Verkehrs die verwendete Bezeichnung falsch verstehen.
BGH URTEIL I ZR 74/16 vom 16. Januar 2020 – Kulturchampignons II
VO (EG) 1234/2007 Art. 113a Abs. 1; VO (EU) Nr. 1308/2013 Art. 76 Abs. 1; VO (EWG) Nr. 2913/92 Art. 23; VO (EU) Nr. 952/2013 Art. 60 Abs. 1; VO (EU) Nr. 1169/2011 Art. 7 Abs. 1 Buchst. a; RL 2000/13/EG Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i; UWG §§ 3, 3a, 5 Abs. 1, 8; LFGB § 11 Abs. 1 Nr. 1Weiterlesen »Ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht scheidet aus, wenn lebensmittelrechtliche Kennzeichnungsvorschriften eine bestimmte Bezeichnung vorschreiben