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Das Kosmetikrecht regelt die Herstellung, den Vertrieb und die Bewerbung von kosmetischen Mitteln. In der EU basiert es auf der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 (EU-Kosmetikverordnung), die in Deutschland durch das Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) und die Kosmetikverordnung (KVO) ergänzt wird.


1. Grundlagen des Kosmetikrechts

Das Kosmetikrecht schützt Verbraucher vor gesundheitlichen Risiken und stellt sicher, dass Produkte sicher und wirksam sind. Wichtigste Rechtsquellen sind:

  • Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 über kosmetische Mittel (EU-Kosmetikverordnung)
  • Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB)
  • Kosmetikverordnung (KVO)
  • Produktsicherheitsgesetz (ProdSG)
  • Verpackungs- und Kennzeichnungsrecht (LMIV, FpackV)

2. Definition eines kosmetischen Mittels

Laut Art. 2 Abs. 1 lit. a der EU-Kosmetikverordnung ist ein kosmetisches Mittel eine Substanz oder Mischung, die ausschließlich oder überwiegend zur äußerlichen Anwendung am menschlichen Körper dient (z. B. Haut, Haare, Lippen) und dort reinigt, parfümiert, schützt oder pflegt, ohne eine pharmakologische Wirkung zu entfalten.

Abgrenzung:

  • Kosmetika vs. Arzneimittel: Arzneimittel müssen eine therapeutische Wirkung haben (vgl. § 2 AMG).
  • Kosmetika vs. Biozide: Biozide haben eine antimikrobielle Wirkung und unterliegen der Biozidverordnung.

Urteil:

  • OLG Hamburg, Az.: 3 U 29/07 – Ein Produkt mit einem antibakteriellen Schutz kann als Biozid und nicht als Kosmetikum eingestuft werden.

3. Sicherheitsbewertung und Zulassung

Hersteller müssen vor dem Inverkehrbringen eine Sicherheitsbewertung nach Art. 10 der EU-Kosmetikverordnung durchführen. Diese umfasst:

Toxikologische Prüfung der Inhaltsstoffe
Stabilitätsprüfung und mikrobiologische Tests
Produktsicherheitsbericht nach Anhang I der Verordnung

Wichtig:

  • Meldung im CPNP (Cosmetic Products Notification Portal) vor Markteinführung
  • Keine Zulassungspflicht, aber Sicherheitsbewertung erforderlich
  • Verbot tierversuchsbasierter Tests für Kosmetika nach Art. 18 der Verordnung

Urteil:

  • EuGH, Rs. C-592/14 – Tierversuchsverbote für Kosmetika gelten auch für Tests, die außerhalb der EU durchgeführt wurden.

4. Kennzeichnungspflichten

Nach Art. 19 der EU-Kosmetikverordnung müssen folgende Angaben auf dem Produkt stehen:

  • Name und Anschrift des Herstellers
  • Inhaltsstoffe (INCI-Liste)
  • Mindesthaltbarkeitsdatum („Mindestens haltbar bis“ oder „12M“ für 12 Monate nach Öffnung)
  • Chargennummer
  • Verwendungszweck (falls nicht ersichtlich)
  • Besondere Vorsichtsmaßnahmen (z. B. „Nicht in die Augen bringen“)

Urteil:

  • BGH, Urteil vom 17.10.2019, Az. I ZR 122/19 („INCI-Kennzeichnung“) – Ein Kosmetikprodukt darf nicht ohne vollständige Inhaltsstoffliste verkauft werden.

5. Verbotene und eingeschränkte Stoffe

Die EU-Kosmetikverordnung enthält drei zentrale Stofflisten:

  • Anhang II: Verbotene Stoffe (z. B. Blei, Quecksilber)
  • Anhang III: Eingeschränkt zugelassene Stoffe (z. B. bestimmte Konservierungsstoffe)
  • Anhang IV-VI: Zulässige Farb-, Konservierungs- und UV-Filterstoffe

Urteil:

  • VG Köln, Az.: 7 K 5080/15 – Ein Produkt mit einem nicht zugelassenen Konservierungsstoff darf nicht verkauft werden.

6. Werbung und Irreführung

Werbung für Kosmetika muss wahrheitsgemäß sein und darf keine medizinischen Heilversprechen enthalten.

Unzulässige Aussagen:

❌ „Heilt Akne“ – Verboten, da medizinische Wirkung suggeriert
❌ „Wirkt wie ein Medikament“ – Verboten, da Arzneimittelcharakter suggeriert

Zulässige Aussagen:

✔ „Reduziert das Erscheinungsbild von Falten“
✔ „Spendet Feuchtigkeit für 24 Stunden“

Urteil:

  • OLG Frankfurt, Az. 6 U 83/18 – Der Begriff „anti-aging“ darf nur verwendet werden, wenn eine wissenschaftliche Studie den Effekt bestätigt.
  • EuGH, Rs. C-299/15 („Colgate-Palmolive“) – Werbeaussagen müssen durch wissenschaftliche Studien belegbar sein.

7. Produkthaftung

Nach dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) haftet der Hersteller für Schäden, die durch ein fehlerhaftes Kosmetikprodukt entstehen. Dies umfasst:

Herstellungsfehler
Designfehler
Instruktionsfehler (unzureichende Warnhinweise)

Urteil:

  • BGH, Az. VI ZR 176/99 – Ein Hersteller haftet für allergische Reaktionen auf Kosmetika, wenn er nicht hinreichend vor bekannten Risiken warnt.

8. Rückrufe und Marktüberwachung

  • Marktüberwachung durch Behörden (BVL, Länderministerien)
  • Pflicht zur Meldung von Gesundheitsrisiken an Behörden (Art. 23 KosmetikVO)
  • Verpflichtung zum Rückruf fehlerhafter Produkte

Urteil:

  • VG Stuttgart, Az. 4 K 489/17 – Ein Kosmetikprodukt musste aus dem Markt genommen werden, weil es eine verbotene Substanz enthielt.

9. Verantwortlichkeit und Aufgaben von Anwälten

Anwälte sind im Kosmetikrecht für verschiedene Aufgaben zuständig:

Beratung zu Markteintritt und Produktzulassung
Prüfung von Werbeaussagen und AGB
Verteidigung in Abmahnverfahren wegen unlauterer Werbung
Begleitung von Rückrufen und Produkthaftungsfällen
Vertragsgestaltung mit Lieferanten und Vertriebspartnern


Kosmetikrecht

Das Kosmetikrecht ist ein komplexes Feld, das von der Produktsicherheit über Kennzeichnungspflichten bis hin zu Werberecht und Produkthaftung reicht. Hersteller müssen sicherstellen, dass ihre Produkte den rechtlichen Anforderungen entsprechen, um Abmahnungen, Bußgelder oder Haftungsrisiken zu vermeiden. Gerichtsurteile verdeutlichen, dass Verstöße gravierende wirtschaftliche Folgen haben können.

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